Als Antriebsenergie wird
im allgemeinen eine Batterie verwendet, in seltenen Fällen gibt es
auch Uhren mit Netzanschluss, wobei allerdings fast immer eine Pufferbatterie
mit eingebaut ist, um die Zeitmessung während eines eventuellen Stromausfalls
sicherzustellen. Weitere Energiequellen bei elektrischen Uhren wären
die Solarzellen,
die man bei Armbanduhren häufig findet, und als Einzelfall die Seiko
Kinetik, die ihre Energie aus der Bewegung des Handgelenkes des
Trägers bezieht. In beiden Fällen wird die Energie in einem Kondensator
gepuffert.
Ein Sonderfall bei den elektrischen Uhren
sind die Synchronuhren. Bei diesen Uhren wird die 50Hz-Wechselstromfrequenz
des Lichtnetzes als Zeitnormal verwendet. Eine solche Uhr ist allerdings
im strengen Sinne keine Uhr, sondern nur ein Zeitanzeigegerät, da
die Zeitmessung im Elektrizitätswerk stattfindet. Bei Schaltuhren
ohne digitale Anzeige ist diese Art der Zeitmessung relativ häufig.
1.2. Mechanischer Antrieb
Bei den mechanischen Antrieben gibt es wiederum
zwei Systeme:
-
der Antrieb durch eine Zugfeder,
-
der Gewichtsantrieb.
Bei der Zugfeder wird die gespeicherte
elastische Energie einer Spiralfeder zum Antrieb der Uhr ausgenutzt, beim
Gewichtsantrieb die potentielle Energie einer Masse.
Viele mechanische Grossuhren besitzen neben
der reinen Zeitanzeige akustische Sonderfunktionen, wie einen Wecker
oder ein Stundenschlagwerk. Im allgemeinen erfolgt der Antrieb dieser
Zusatzfunktionen auf die gleiche Weise, wie der Uhrwerksantrieb, d.h. ein
mechanischer Wecker besitzt Zugfedern für Uhrwerks- und Weckerantrieb,
eine Kuckucksuhr Gewichte für Uhrwerk und Schlagwerk. Gelegentlich
findet man bei moderneren Wanduhren einen Gewichtsantrieb für
das Uhrwerk und einen Federantrieb für das Schlagwerk. Ein technischer
Unterschied zwischen den Antrieben für Schlag- und Uhrwerk besteht
im allgemeinen nicht.
1.2.1
Antrieb durch eine Zugfeder
Die Zugfedern bei Grossuhren und einfachen
Kleinuhren bestehen aus Wärmebehandelten Stahl *
. Nachteil dieses Materials ist die begrenzte Lebensdauer, da diese Federn
nach langer Benutzung brechen können. Bei hochwertigen modernen
Armbanduhren werden fast ausschliesslich Federn aus höchst komplizierten
Legierungen verwendet, die weniger leicht brechen und ausserdem Rostfrei
sind. Beim mechanischen Antrieb mit Zugfeder gibt es zwei Systeme:
-
Antrieb mit offener Zugfeder,
-
Antrieb mit umlaufendem Federhaus.
Das Federhaus ist ein Bauteil, dass man in vielen
Grossuhren leicht erkennen kann:
ein grosser Messingzylinder, der an einer
Stirnfläche verzahnt ist. In diesem Zylinder ist die Zugfeder
spiralförmig aufgewickelt. Die Verzahnung des Federhauses stellt
das erste Zahnrad der Uhr dar. Im Gegensatz dazu steht die offene
Feder, die in den meisten Weckern und einigen sehr billigen grossen Federzuguhren
verwendet wird. In einer solchen Uhr ist die Spiralfeder offen eingebaut
und als aufgewickeltes Stahlband im Uhrwerk zu erkennen.
Alle Armband- und Taschenuhren und alle
besseren Grossuhren verwenden das umlaufende Federhaus. In diesem Fall
wird die Zugfeder von der Achse des Federhauses aus (am inneren Ende der
Feder) aufgezogen, die Kraftabgabe erfolgt am äusseren Ende
der Feder, die am Federhaus eingehängt ist. Das Federhaus dreht
sich also während die Uhr abläuft (daher der Name umlaufendes
Federhaus).
Die Achse des Federhauses wird durch die
Kraft der Feder zurückgetrieben (entgegen der Kraft des Aufziehenden).
Man benötigt also noch ein Sperrad (Klinkenrad), das eine Bewegung
entgegen der Kraft der Feder (d.h. das Aufziehen) erlaubt, aber nach dem
Aufziehen die Achse des Federhauses gegen das Werkgestell abstützt.
Das Klinkenrad ist also durch einen Vierkant kraftschlüssig mit der
Achse verbunden, während die Klinke am Werkgestell befestigt ist.
Bei der offenen Feder erfolgt An- und Abtrieb
der Feder am inneren Ende der Feder. Das äussere Ende der Feder
ist am Werksgestell einghängt, und ist damit fest. Das erste Zahnrad
der Uhr, das von der Feder angetrieben wird besteht damit aus zwei
Teilen:
dem eigentlichen Zahnrad und dem Klinkenrad,
an dem die Feder befestigt ist. Beim Aufziehen wird das Klinkenrad
bewegt, während das Zahnrad in diesem Moment von der Kraft der Feder
befreit ist.
Die beiden Systeme haben folgende Vor- und
Nachteile:
Das umlaufende Federhaus erlaubt einen besseren
und gleichmässigeren Ablauf der Feder, die Feder ist vor Umwelteinflüssen
geschützt, ebenso ist das Uhrwerk bei einem eventuellen Federbruch
vor der Feder geschützt und als Hauptvorteil, der Antrieb der
Uhr wird während des Aufzuges nicht unterbrochen.
Die offene Zugfeder bietet nur den Vorteil,
billiger zu sein. Als Zwischenform gibt es das feststehende Federhaus,
bei dem die offene Zugfeder von einem Federhaus, das fest mit der Werksplatte
verbunden ist, umgeben ist. Dieses System ist etwas einfacher als
das umlaufende Federhaus und bietet die gleichen Schutzfunktion von
Feder und Werk. Es wurde allerdings nur sehr selten verwendet.
Die Unterbrechung des Antriebes während
des Aufzugs lässt sich leicht feststellen:
wenn man an einem gewöhnlichen Wecker
leicht am Aufzugsschlüssel dreht, wird das Ticken langsam leiser,
nach einigen Sekunden hört es ganz auf. Bei einer Armbanduhr
wird die Uhr immer weiterlaufen.
1.2.1.1. Vor- und
Nachteile des Federantriebes:
Vorteil des Federantriebes gegenüber
dem Gewichtsantrieb ist die Möglichkeit kleine und tragbare
Uhren zu bauen, da ein Gewichtsantrieb eine Bewegung der Uhr natürlich
nicht zulässt. Der grosse Nachteil des Federantriebes ist die
Veränderlichkeit des Federantriebes während des Ablaufes. Eine
Feder hat, wenn sie voll gespannt ist, wesentlich mehr Kraft, wie
wenn sie fast abgelaufen ist. Da alle Schwingungssysteme in mechanischen
Uhren nicht ganz unabhängig von der antreibenden Kraft sind, führt
dies zu einem ungleichmässigen Gang der Uhr.
Es gibt verschiedene Methoden um diese Ungleichheit
der Antriebskraft zu reduzieren:
das effektivste Verfahren ist Schnecke und
Kette *, da dieses Verfahren im Idealfall
zu einem völligen Ausgleich der Antriebskraft führt. Allerdings
ist dieses System sehr aufwendig. Bei Taschenuhren mit Spindelhemmung
war die Verwendung dieses Systems Standard (bis Anfang des 19. Jhdts.),
bei englischen Taschenuhren wurde es wesentlich länger verwendet,
bis zum Ende der Produktion von englischen Taschenuhren zu Beginn
des 20. Jhdts. Fast bis in unsere Tage hat die Schnecke und Kette
sich bei den Marinechronometern erhalten.
Das häufigste und einfachste System
zur Verbesserung der Konstanz des Federantriebes ist die Beschneidung
der Gangdauer. Eine Zugfeder hat nach dem Hookeschen Gesetz in erster
Näherung einen linearen Zusammenhang zwischen Aufzugsweg und
Antriebskraft. Baut man nun in eine Uhr, die einen Tag laufen soll,
eine Feder ein, die nach zwei Tagen abgelaufen wäre, zieht diese Uhr
aber trotzdem täglich auf, ändert sich die Federkraft nicht
von annähernd 100 % auf 0% Kraft, sondern nur von 100% auf 50%
(Diese Zahlenwerte dienen nur der Darstellung der Verhältnisse.
Natürlich geht die Federkraft in einer Uhr nicht auf 0% zurück.)
. Ein anderer Effekt in diesem Zusammenhang ist, das Zugfedern die völlig
aufgezogen sind, für kurze Zeit eine sehr hohe Kraft liefern (abweichend
vom linearen Zusammenhang). Dieser Bereich kann durch eine Stellung
abgeschnitten werden. Diese Stellung wird bei Armband- und Taschenuhren
fast immer verwendet. Erkennbar ist diese daran, dass sich die Aufzugswelle
beim Loslassen ein wenig zurückdreht. Bei Grossuhren und hochwertigen
Taschenuhren wird gelegentlich eine Malteserkreuzstellung (benannt
nach einem Bauteil in diesem System, das ein wenig wie ein Malteserkreuz
aussieht) eingebaut. Diese Stellung verhindert zum einen, dass die
Uhr ganz abläuft, zum anderen dass sie ganz aufgezogen wird.
1.2.1.2. Betätigung
des Federantriebes:
Um den Federantrieb aufzuziehen gibt
es zwei Möglichkeiten:
Bei Taschen- und Armbanduhren wird normalerweise
der Aufzug über die Krone verwendet. Diese Krone erlaubt im
allgemeinen durch Herausziehen auch noch das Stellen der Uhr, evtl.
auch von Datum etc. Bei manchen älteren Taschenuhren muss zum
Stellen der Uhr auf einen kleinen Knopf gedrückt werden, der sich
neben der Krone befindet.
Bei alten Taschenuhren (teilweise bis Ende
des 19 Jhdts. verwendet) und bei allen Grossuhren erfolgt der Aufzug
über einen separaten Schlüssel.
1.2.1.3. Automatischer
Aufzug des Federantriebes:
Beim Federantrieb gibt es noch zwei Sonderformen
des Antriebs, die ein Aufziehen der Uhr überflüssig machen:
Sehr weit verbreitet ist der automatische
Aufzug bei Armbanduhren. Dabei wird die Bewegung der Uhr am Handgelenk
des Trägers ausgenutzt. Ein kleines Massestück, das exzentrisch
auf einer Achse gelagert ist, versucht ständig 'nach unten zu
hängen'. Diese Bewegung zieht über ein Getriebe die Zugfeder
auf.
Ein zweites System zum automatischen Aufzug
von Grossuhren verwendet die Atmos
von LeCoultre. Hierbei werden Temperaturschwankungen, die es in jedem Raum
gibt, zum Antrieb der Uhr genutzt. Da die dabei entstehenden Energien aber
ungeheuer gering sind, muss ein spezielles Schwingsystem (Torsionspendel
(T) ) verwendet werden.
1.2.2. Antrieb durch
ein Gewicht
Bei vielen Grossuhren (bekanntestes Beispiel
ist wahrscheinlich die Kuckucksuhr) erfolgt der Antrieb der Uhr durch
ein herabfallendes Gewicht. Beim Gewichtsantrieb gibt es drei Systeme.
1.2.2.1. Der einfache
Kettenantrieb
Sehr häufig wird der Kettenantrieb
verwendet. Dabei läuft eine Kette über ein Sternrad (d.h. ein
Ritzel mit zur Kette passenden Zähnen, ähnlich wie beim Fahrrad).
Zum Aufzug der Uhr wird einfach am freien Ende der Kette gezogen. Dieses
System ist sehr einfach, hat aber zum einen den Nachteil, das der Antrieb
beim Aufziehen unterbrochen wird, zum anderen ist der Antrieb durch eine
Kette immer etwas springend. Dieses System wird bei den meisten Kuckucksuhren,
Schwarzwalduhren, vielen Stand- und Hausuhren verwendet.
1.2.2.2. Der Antrieb
über Seil und Seiltrommel
Das zweite System ist der Antrieb über
Gewicht, Seil und Seiltrommel. Bei diesem System wird ein Seil auf
eine Seiltrommel gewickelt. Der Vorteil gegenüber der Kette
ist die gleichmässigere Kraftabgabe des Seils. Dieses System wurde
oft bei Präzisionsuhren verwendet, wobei das Seil oft aus Darm
oder dünnen Metallseilen bestand, ferner bei 8-Tages Schwarzwalduhren,
Comtoise-Uhren und vielen Englischen Standuhren. Der Aufzug erfolgt
hier durch einen Schlüssel oder eine Kurbel. Auch dieses System
hat den Nachteil, dass der Antrieb während des Aufzugs unterbrochen
wird. Da das Seil oft bei Präzisionsuhren verwendet wurde, bei denen
einige Sekunden Fehlzeit während des Aufzugs zu grossen Fehlern führen
würden, wurden hier oft Hilfsmittel eingebaut, die den Antrieb während
des Aufzuges erhalten (Gegengesperr).
1.2.2.3. Der Antrieb
nach Huygens
Das dritte System ist der Antrieb nach Huygens.
Dieses System vermeidet durch eine raffinierte Kettenführung
die Unterbrechung des Antriebes während des Aufzugs. Dieser Antrieb
wurde allerdings nur selten verwendet, da er nur mit einer Kette
vernünftig funktioniert, und damit für Präzisionsuhren weniger
geeignet war, für einfache Uhren war der höhere Aufwand
gegenüber dem dort nur geringen Vorteil des unterbrechungsfreien
Aufzugs nicht gerechtfertigt. Auch dieses System wird durch Ziehen
an der Kette (von einem freien Ende kann man hier nicht sprechen,
da die Kette bei diesem Aufzug endlos ist) aufgezogen.
2. Übertragung
der Antriebsenergie auf das Zeitmessystem
2.1.
Elektrische Antriebe
2.1.1. Direkte elektrische
Antriebe
Bei den rein elektronischen Quarzuhren findet
die Übertragung der Antriebsenergie auf den Quarzschwinger durch
eine elektronische Baugruppe statt, deren Beschreibung nicht Aufgabe
dieses Artikels ist (d.h. ich weiss nicht, wie das genau funktioniert).
Bei den elektromechanischen direkten Antrieben
wird die Bewegung des mechanischen Schwingers durch einen Elektromagneten
angeregt, d.h. das Prinzip ist ähnlich wie bei einem Elektromotor.
Uhren mit direktem Antrieb der Unruh (Unruhmotor)
waren in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts relativ weit
verbreitet. Man erkennt sie an der Tatsache, dass eine Batterie zum Betrieb
nötig ist, sie aber doch eine Art Ticken von sich geben (erfolgt
das Ticken allerdings genau im 1-Sekunden-Rhythmus handelt es sich um eine
Quarzuhr, ertönt nebem dem Ticken alle paar Minuten ein 'Klack' oder
in grösseren Zeitabständen ein Surren, handelt es sich
um eine indirekt elektrisch angetriebene Uhr).
Bei Uhren mit Unruhmotor ist das Hauptproblem,
der Unruh bei jeder Schwingung einen Antriebsimpuls zu geben. Dies
wurde zuerst durch einen kleinen Schalter bewerkstelligt, später mit
Hilfe einer sehr einfachen Elektronik.
Natürlich kann auch ein Pendel direkt
elektrisch angetrieben werden, wie z.B. bei der Bulle-
oder ATO-
Uhr. Diese Uhren sind meistens sehr charakteristisch,
durch ein U-förmiges Pendel, das durch einen Elektromagneten hindurchläuft.
Auch diese Uhren wurden bei jeder Schwingung eines Pendels angetrieben.
Eine Sonderform stellt die Hipp-Uhr
dar, bei der das Pendel nur dann angetrieben
wurde, wenn es in einem gewissen Mass an Energie verloren hat.
Ein Vorgriff auf ein späteres Kapitel
sei gestattet: Das in elektromechanischen Uhren mit direktem Antrieb
enthaltene Räderwerk dient nicht der Energieübertragung
zum Schwinger, sondern nur zur Zeitanzeige (darin unterscheiden sich diese
Uhren von den mechanischen Uhren, bei denen das Räderwerk beiden
Zwecken dient.)
2.1.2.
Indirekte elektrische Antriebe
Wie bereits oben erwähnt, zieht in
einem indirekten elektrischen Antrieb entweder ein Elektromagnet
oder ein Elektromotor einen konventionellen mechanischen Antrieb auf. Der
weitere Verlauf der Energieübertragung ist also identisch mit den
mechanischen Antrieben.
Beim Aufzug durch Elektromagneten ist die
Konstruktion allerdings oft etwas anders als bei rein mechanischen
Antrieben. Das häufige Aufziehen im Minutenrhythmus erfordert für
den Antrieb nur einen sehr kleinen Weg (zum Vergleich: beim konventionellen
Gewichtsantrieb fällt das Gewicht insgesamt oft 2m, bei einem
Magnetaufzug weniger als einen Zentimeter.). Deswegen wird oft eine
Konstruktion verwendet bei der ein kleines Gewicht auf einem Hebel sitzt,
der sich konzentrisch auf der Achse des angetriebenen Rades befindet,
und dort über eine Sperrklinke abstützt. Das Gewicht beschreibt
also keinen linearen Weg nach unten, sondern bewegt sich auf einem
Kreisbogen. Dieser Hebel kann ebenso durch eine Zylinderförmige
Feder (im Gegensatz zu Spiralfeder im konventionellen Federantrieb) betätigt
werden. Im allgemeinen befindet sich an der unteren Stellung dieses Hebels
ein Schalter, der ein erneutes Aufziehen der Uhr veranlasst.
2.2.
Mechanische Antriebe
Die Übetragung der Antriebsenergie
bei mechanischen Uhren erfolgt über das altbekannte Räderwerk,
also ein System bei dem ein grosses Zahnrad in ein kleines Ritzel
(in der Uhrmacherei als 'Trieb' bezeichnet) eingreift. Die Getriebe bei
Uhren unterscheiden sich stark von Getrieben in normalen Maschinen.
Zum einen findet immer eine Übersetzung ins Schnelle statt,
zum anderen sind wegen der hohen Übersetzungen die Verhältnisse
der Anzahl der Zähne zwischen Zahnrad und Trieb (Ritzel) wesentlich
höher (oft 10:1). Ein Unterschied zwischen der Kraftübertragung
bei Feder- und Gewichtsantrieb gibt es nicht.
2.2.1.
Aufbau der Zahnräder
Zahnräder bei Uhren haben im allgemeinen
folgenden Aufbau:
Die Welle ist gemeinsam mit dem Trieb aus
einem Stück Rundstahl gedreht, die Zähne des Triebes werden
gefrässt. Eine Sonderform der Triebe bei billigen Uhren sind
die Hohl- oder Laternentriebe. Diese werden auf die Achse aufgepresst und
bestehen aus einer Messingrolle (ähnlich einer Garnrolle). Die beiden
Scheiben der Rolle werden mit einer Anzahl von Löchern versehen, entsprechend
der benötigten Anzahl von Zähnen. In diese Löcher
werden Stahlstifte gesteckt, die die Funktion der Triebzähne
übernehmen. Diese Hohltriebe besitzen eine Menge Vorteile: zum
einen sind sie billiger als die massiven (aus dem vollen gefrässten)
Triebe, ferner lassen sie sich mühelos durch Auswechseln der
Stifte reparieren, die Reibungsverhältnisse sind wegen der guten
Politur des Stahldrahtes recht gut. Da diese Art der Triebe als klassischer
Anzeiger für eine billige Uhr gelten, werden sie in besseren
Uhren nie verwendet. In Kleinuhren wurden sie ebenfalls nicht verwendet.
Die radiale Lagerung der Welle erfolgt über
den Zapfen, ein Absatz der Welle, d.h. der Durchmesser des Zapfens ist
immer etwas geringer, als der Durchmesser der Welle. Die Axiale Lagerung
erfolgt fast immer über die Schulter des Ansatzes Zapfen - Welle.
In Fällen, bei denen sehr geringe Reibung gewünscht wird (bei
Kleinuhren i. A. die Unruhwelle), findet die axiale Lagerung am Ende des
Zapfens durch Deckplättchen (T)
statt.
2.2.2.
Übersetzungsverhältnisse
Betrachtet man eine konventionelle Standuhr,
so kann man beobachten, dass das erste Rad, also das an der Seiltrommel
oder am Kettenrad befestigte Zahnrad, nur 5 - 7 Umdrehungen in der Woche
macht. Das letzte Rad in einer solchen Uhr macht oft eine Umdrehung in
der Minute (so dass man direkt den Sekundenzeiger daran befestigen kann).
Wenn man die Übersetzung zwischen diesen Zahnrädern berechnet,
kommt man auf einen Wert von 1:2016 (das erste Rad macht 5 Umdrehungen
in der Woche, das letzte 10080). Das Räderwerk in einer mechanischen
Uhr dient ab dem Minutenrad (also der Welle, auf der der Minutenzeiger
sitzt) zwei Zwecken: Zum einen wird damit die Antriebskraft übertragen,
zum anderen werden damit die Schwingungen des Zeitnormals gezählt.
Dadurch sind die Übersetzungsverhältnisse in diesem Bereich des
Getriebes festgelegt. Bleiben wir bei dem Beispiel einer Standuhr
mit Sekundenpendel (T) , dessen
Hemmungsrad 1 Umdrehung in der Minute macht, so ist die Übersetzung
zwischen Hemmungsrad und Minutenrad auf 60:1 festgelegt. Der Stundenzeiger
ist übrigens bei nahezu allen Uhren nicht Teil des Antriebsstranges,
sondern sein Umlauf wird über das Zeigerwerk vom Minutenrad
abgeleitet.
Die kleinste Anzahl Die kleinste Anzahl
von Zahnrädern bei Uhren ist 3, das Antriebsrad, das Minutenrad und
das Hemmungsrad. In den seltensten Fällen aber nur wird man mit diesen
drei Zahnrädern auskommen. Um die Laufzeit zu vergrössern,
wird im allgemeinen zwischen Antriebsrad und Minutenrad das Grossbodenrad
eingefügt, ferner zwischen Minutenrad und Hemmungsrad das Kleinbodenrad.
Bei Uhren mit langer Laufzeit oder hoher Schwingungsfrequenz können
es auch noch weitere Räder sein.
2.2.3.
Lagerung der Zahnräder
Der wichtigste Punkt beim Räderwerk
ist die Vermeidung von Reibung. Zum einen ist die vorhandene Kraft
in Uhren begrenzt, und sollte in möglichst hohem Masse am Zeitnormal
ankommen, zum anderen würde die Einführung sehr starker Federn
oder schwerer Gewichte für einen starken Verschleiss im Räderwerk
sorgen.
Die Reibung kann durch eine sorgfältige
Lagerung der Zahnräder und durch eine geschickte Zahnform verringert
werden.
Die Zahnräder werden bei Grossuhren
und einfachen oder alten Taschenuhren in Löchern der Platinen gelagert.
Dabei ist ein möglichst geringer Durchmesser der Zapfen von
Vorteil. Die Reibungskraft wird zwar durch dünnere Zapfen nicht
verringert, das zum Drehen benötigte Drehmoment (auf das es hier
ankommt) verringert sich aber, da die Reibungskraft an einem kleineren
Hebel (=Radius des Zapfens) wirkt. Wie vorher erwähnt, findet
die axiale Lagerung der Achsen im Allgemeinen an den Zapfenschultern
statt. Wenn sehr geringe Reibung erwünscht ist, wird die Lagerung
mit Deckplättchen angewendet. Dabei werden axiale Kräfte von
einer Deckplatte, die das radiale Lager praktisch nach aussen abschliesst,
übernommen. Die Zapfen müssen dabei an der Spitze verrundet sein.
Diese Art der Lagerung hat durch den wesentlich verringerten axialen
Lagerradius (Radius bei Schulterlagerung = Radius der Welle, bei
Deckplattenlagerung = punktförmig) wesentlich weniger Reibung.
Dieses Verfahren wird hauptsächlich in Kleinuhren bei der Lagerung
der Unruhwelle, evtl. der Hemmungsradwelle angewendet.
Ein weiteres Verfahren um die Reibung der
Zapfen zu verringern, ist die Anwendung von Steinen (i.A. künstliche
Rubine) als Lagerwerkstoff. Die Paarung Rubin/Stahl weisst eine noch
geringere Reibung als Messing/Stahl auf, ferner ist durch die grosse
Härte der Steine die Abnutzung geringer. Die Lagerung in Steinen wird
bei Kleinuhren fast allgemein angewendet (Aufdruck auf Uhren '17
Rubis'), bei Grossuhren fast nur bei Präzisionsregulatoren und
Marinechronometern. Weiter werden Steine für Paletten, Kugellagerkugeln
* und überflüssige Steine
* verwendet.
Ein weiteres Mittel zur Verringerung der
Reibung in Uhren ist das Ölen
der Lager. Früher wurden dazu verschiedene
pflanzliche (z.B. gekochtes und gereinigtes Oliven- oder Leinöl)
und tierische (Klauenöl) Öle verwendet, heute auch mineralische
und synthetische Öle. Die Anforderungen an ein Uhrenöl sind
wesentlich von normalen Maschinenölen verschieden. Die Druckfestigkeit
muss höher sein, da sich durch die geringen Umlaufgeschwindigkeiten
der Uhrenräder kein dynamischer Schmierfilm einstellen kann,
ferner werden sehr hohe Anforderungen an die Altersbeständigkeit
gestellt, insbesondere da eine Veränderung der Viskosität
des Öls zu einer Veränderung der Reibungsverhältnisse
führt, was den Gang der Uhr beeinflusst. Während in den meisten
Maschinen das Öl beliebig herumfliessen kann und soll, muss das Öl
in Uhren von selbst an seinem Platz haften (die sogenannte Ölhaltung),
was durch die Oberflächenspannung des Öls und die Form der Ölstellen
(z. B. durch Ölsenkungen) erreicht wird.
2.2.4.
Zahnformen
In der Technik wird im allgemeinen zwischen
der Evolventen- und der Zykloidenverzahnung unterschieden. Diese beiden
Zahnformen entstehen durch geometrische Konstruktionen. In der allgemeinen
Getriebetechnik wird die Evolventenverzahnung verwendet, die sich
für Übersetzungen ins Langsame und geringe Unterschiede bei den
Zahnanzahlen gut eignet. In der Uhrentechnik wird die Zykloidenverzahnung
verwendet * , aufgrund ihrer Vorteile
bei der Übersetzung ins schnelle und der geringen Anzahl der
Zähne bei den Trieben. Andere Zahnformen finden sich gelegentlich
beim Aufzug (Wolfszähne bei den Aufzugsrädern von Kleinuhren,
Evolventenzähne beim Aufzug von Turmuhren), ferner besitzt das
Hemmungsrad eine von der Art der Hemmung abhängige Zahnform.
3. Zeitmessysteme
3.1.
Schwinger
Es wurde schon oben erwähnt, dass zur
Zeitmessung in Uhren Schwinger (im physikalischen Sinne) verwendet
werden. Wodurch ist dies begründet?
Die ersten von der Sonne unabhängigen
Zeitmessgeräte, die sogenannten Elementaruhren (Kerzenuhren,
Wasseruhren* ) verwendeten eine
analoge Grösse als Zeitnormal. Ähnlich entstanden wohl die ersten
Räderuhren aus dem Versuch heraus, den gebremsten (gehemmten, deswegen
Hemmung) Ablauf eines Räderwerkes als Uhr zu verwenden. Ein
solches System ist aber in seiner Geschwindigkeit direkt von der
Antriebskraft abhängig, die für Zeitmesszwecke nie genau
genug geregelt werden kann. Deswegen wird in jeder Uhr ein Schwingkreis
als Zeitnormal verwendet, dessen Frequenz in erster Näherung von der
Antriebskraft unabhängig ist. Ein Schwingkreis zeichnet sich dadurch
aus, das eine Energieform in eine andere übergeführt wird
(z.B. kinetische in potentielle Energie beim Pendel oder elektrische
Energie in mechanische Energie beim Quarz). Die Bewegungsgleichung
eines einfachen Schwingers kann sehr leicht hergeleitet werden.
Betrachtet wird ein Wagen der Masse m, der
sich reibungsfrei auf einer Unterlage bewegen kann. Er sei über
eine Feder mit der Federkonstante k an einer Wand befestigt, so dass
sich der Wagen in Richtung der Feder (Koordinate x) bewegen kann.
Man kann sich nun leicht vorstellen, dass
dieser Wagen, wenn er angestossen wird, mit einer ihm eigenen Frequenz
in Richtung auf die Wand zu bzw. weg schwingt. Schaut man sich solch ein
Modell genau an, wird man feststellen, dass bei starkem Anstossen
zwar sein Weg grösser wird, aber auch seine Geschwindigkeit, so dass
insgesamt seine Schwingfrequenz konstant ist.
Die Kräfte, die zu einem beliebigen
Zeitpunkt an diesem Wagen angreifen, sind die Federkraft F1 = k * x und
die Beschleunigungskraft
F2 = m * dx2/dt2 . Beide müssen
nach dem Kräftegleichgewicht addiert Null ergeben. Setzt man die
Bewegungsgleichung für x mit x = cos (wt) an, ergibt sich für
die Frequenz der Schwingung des Wagens w = Wurzel (k/m), d.h. die
Frequenz ist nicht vom Weg, also der Amplitude der Schwingung, und
damit von der Antriebskraft abhängig. Ähnliche Beziehungen
gelten für beliebige andere Schwingungen, elektrischer oder
mechanischer Art, genauso.
Leider ist in der Praxis die Frequenz nicht
ganz unabhängig von der Amplitude. Dies ist z.B. bei Federschwingern
durch die nicht absolut lineare Abhängigkeit von Kraft und Weg
bedingt. Diese Effekte werden im ersten Moment klein erscheinen, man
darf dabei aber nicht vergessen, dass ein Fehler von 1% bei einer Uhr schon
einer täglichen Abweichung von einer Viertelstunde entspricht.
Ein weiterer grosser Störfaktor bei
mechanischen Uhren ist die Tatsache, dass der Schwinger nicht ungestört
schwingen kann, sondern durch die Hemmung angetrieben werden muss.
Dies führt ebenfalls zu Fehlern in der Zeitmessung.
3.2.
Elektrische Uhren
3.2.1. Direkt angetriebene
elektrische Uhren
Bei Quarzuhren wird als Zeitnormal ein Schwingquarz
verwendet, der auf dem piezoelektrischen Effekt beruht. Bei bestimmten
Kristallen führt das Anlegen einer elektrischen Spannung zu einer
Verformung des Kristalls, umgekehrt führt eine erzwungene Verformung
zu einer Spannung im Kristall. Dies ist der piezoelektrische Effekt.
Dieser Effekt wird in vielen Bereichen der Technik ausgenutzt, z.B. für
Mikrofone und Lautsprecher.
In diesen Bereich gehören auch die
heute weit verbreiteten Funkuhren.
Diese Uhren empfangen von einem Sender ein codiertes Zeitsignal, dass die
aktuelle Uhrzeit und das Datum enthält. Die Uhrzeit wird dabei
von einer Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig,
die die deutsche Normzeit bestimmt, übernommen. Mit diesem Zeitsignal
wird eine eingebaute Quarzuhr synchronisiert, die auch die Zeitmessung
bei Senderausfall sicherstellt.
Bei den in den 30er bis 60er Jahren oft gebauten
direkt angetriebenen elektromechanischen Uhren wurden die gleichen
Schwingsysteme wie bei mechanischen Uhren, also Pendel und Unruh verwendet.
Eine Ausnahme stellt die Bulova Accutron
dar, deren Zeitnormal eine Stimmgabel
ist. Diese arbeitet mit wesentlich höheren Frequenzen als normale
mechanische Uhren (Schwingfrequenz einer gewöhnlichen Armbanduhr ist
ca. 4 Hz, bei der Stimmgabeluhr 300 Hz).
3.2.2. Indirekt angetriebene
elektrische Uhren
Indirekt angetriebene Uhren unterscheiden
sich in ihrem Zeitnormal nicht von rein mechanischen Uhren, d.h.
sie verwenden als Schwinger Pendel oder Unruh in Verbindung mit einer mechanischen
Hemmung.
3.3.
Mechanische Uhren
Mechanische Uhren verwenden als Zeitnormal
ein Pendel, die Unruh, oder in Einzelfällen ein Drehpendel.
Die in sehr frühen Uhren verwendete Waag (Foliot) stellt im
physikalischen Sinn kein Schwingsystem dar, soll aber trotzdem hier kurz
vorgestellt werden.
3.3.1. Die Waag
Die Waag war das erste für mechanische
Uhren verwendete Zeitnormal und wurde vermutlich Mitte des 12. Jhdts. zusammen
mit der Spindelhemmung erfunden. Meiner Meinung nach entstand die Waag
nicht aus dem Bestreben heraus, ein Schwingsystem zur Zeitmessung zu bauen,
sondern einfach um den Ablauf des Räderwerks so zu hemmen, dass sich
vernünftige Laufzeiten für die Uhr (damals etwa 12 Stunden) ergaben.
Da bei der Bewegung der Waag keine Umwandlung zweier Energieformen stattfindet,
ist sie zur Zeitmessung eigentlich ungeeignet. Die Schwingfrequenz
ist in hohem Masse von der Antriebskraft abhängig. Die erreichte
Ganggenauigkeit liegt wohl bei ca. 15 min/Tag.
Zur Regulierung der Waag gab es drei Möglichkeiten:
Bei Grossuhren wurden an der Waag Gewichte
aufgehängt, wobei eine Veränderung der Lage der Gewichte eine
gewisse Regulierung der 'Schwingfrequenz' der Waag zulässt. Bei Kleinuhren
wurde oft die Schweinsborstenregulierung angewendet. Dabei wird der
Rotationswinkel der Waag durch elastische Borsten eingeschränkt. Eine
Veränderung des Rotationswinkels reguliert ebenfalls die Uhr.
Schlieslich war bei federgetriebenen Uhren
auch immer eine Regulierung der Antriebskraft möglich, d.h. die Vorspannung
der Zugfeder konnte verändert und damit die Schwingfrequenz der Uhr
eingstellt werden.
3.3.2. Das Pendel
Das Pendel war für mehrere hundert
Jahre das wichtigste Zeitnormal für einfachste wie genaueste Uhren.
Erfunden wurde das Pendel zweimal: Zum ersten mal von Galileo
Galilei, zum zweiten mal von Christiaan
Huygens. Galileo gebührt zwar das Recht der eigentlichen Erfindung,
was auch Huygens nie bestritten hat, allerdings hat letzterer die
technische Umsetzung erreicht, d.h. Pendeluhren gab es (von einem Exemplar
abgesehen, dass der Sohn von Galileo Galilei, Vincenzo Galilei gebaut hat)
erst nach Huygens. Diese zweite Erfindung fand im Jahre 1658 statt. Ab
diesem Zeitpunkt konnte schlagartig die Genauigkeit von Uhren von mehreren
Minuten am Tag auf unter einer Sekunde gesteigert werden.
Ein 'mathematisches' (also ideales) Pendel
besteht aus einer masselosen Pendestange, die an ihrem oberen Ende aufgehängt
ist, und einer Masse am unteren Ende der Pendelstange, die Pendellinse.
Viele reale Pendel nähern sich diesem Ideal durch eine leichte (oft
hölzerne) Pendelstange und einer sehr schweren (gusseisernen oder
bleiernen) Pendellinse an. Bei einfachen Uhren, z.B. Schwarzwalduhren kann
allerdings die Masse von Pendelstange und Linse in ähnlichen Dimensionen
liegen.
Das Pendel ist ein echter Schwinger im physikalischen
Sinne. Es findet ein Energieaustausch zwischen der kinetischen Energie
der Pendelmasse und der potentiellen Energie der Pendelmasse im Umkehrpunkt
statt. Bei einem ungestörten Pendel (d.h. ohne Einfluss der Hemmung)
gibt es nur drei wesentliche Einflussgrössen, die die Genauigkeit
des Pendels beeinflussen können:
-
die (i.a. unveränderliche) Schwerkraft,
-
Änderungen des Luftdruckes,
-
die Pendellänge.
Zum ersten Punkt ist zu sagen, das die eingeklammerte
Bemerkung nicht scherzhaft gemeint ist. Bei extremen Präzisionsuhren,
wie sie bis in die 40er Jahre des 20. Jhdts. (vor der allgemeinen Einführung
der Quarzuhr) gebaut wurden, hatten Änderungen der Schwerkraft
durchaus einen Einfluss. Bei Bestellung einer solchen Uhr wurde der
beabsichtigte Aufstellungsort mit angegeben, da zum einen die Schwerkraft
an verschiedenen Orten der Erde unterschiedlich ist, zum anderen
bei Aufstellung in extremen Höhen (man denke an Observatorien der
Astronomie, die sich oft auf hohen Bergen befinden), die Gravitation
deutlich anders sein kann, als am Herstellungsort der Uhr. Der Einfluss
des Mondes auf die Gravitation wurde meines Wissens nach zwar untersucht,
aber nie durch besondere Massnahmen an der Uhr berücksichtigt.
Änderungen des Luftdruckes wirken sich
zum einen auf den Luftwiderstand des Pendels beim Schwingen, zum anderen
in einer Änderung des Gewichtes der Pendellinse (durch den Auftrieb)
aus. Entsprechende Kompensationsvorrichtungen (eine Vorichtung, die ähnlich
wie ein Barometer aussieht) finden sich relativ häufig an Präzisionsuhren.
Für normale Uhren ist dieser Einfluss aber vernachlässigbar.
Die wichtigste Einflussgrösse auf die
Genauigkeit eines Pendels ist allerdings die Änderung der Pendellänge,
bedingt durch die thermische Ausdehnung des Materials der Pendelstange.
3.3.2.1. Die Temperaturkompensation
des Pendels
Zum Ausgleich der Längendehnung des
Pendels gab es viele verschiedene Verfahren, von denen vier allgemein verwendet
wurden. Alle diese Verfahren beruhen auf dem gleichen Prinzip. Die Temperaturkompensation
soll die Verschiebung des Pendelschwerpunktes verhindern. Dabei wird nach
folgendem Verfahren vorgegangen:
Die Pendelstange besteht aus einem Material
mit relativ geringem Wärmeausdehnungskoeffizienten *
(z.B. Stahl, Holz, spezielle Legierungen). Am unteren Ende der Pendelstange
wird ein Material mit hohem Wärmeausdehnungskoeffizienten angebracht,
dessen Dehnung der Dehnung der Pendelstange entgegengesetzt ist. Insgesamt
soll sich ein Ausgleich der beiden Dehnungen ergeben.
3.3.2.1.1. Das
Holzpendel
Das einfachste Verfahren zur Kompensierung
von Temperatureinflüssen bei Uhren ist die Verwendung einer
hölzernen Pendelstange. Holz weisst einen sehr geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten
auf, so dass sich in Verbindung mit einer metallenen Pendellinse
recht gute Zeitmessergebnisse ergeben. Der Einfluss der Pendellinse
ist dabei folgender: Da die Metallscheibe um unteren Ende der Pendelstange
aufgehängt ist, dehnt sie sich bei Erwärmung relativ zur Pendelstange
nach oben aus. Die Ausdehnung ist wesentlich stärker als bei der hölzernen
Pendelstange, allerdings ist die Scheibe im Durchmesser auch wesentlich
kleiner als die Länge der Stange. Insgesamt gleichen sich die Dehnung
der Stange nach unten und der Scheibe nach oben in etwa aus.
Eine hölzerne Pendelstange muss sehr
gut imprägniert sein, da auch Änderungen der Luftfeuchtigkeit
zu Längenänderungen führen.
Ein hölzernes Pendel hat natürlich
zuallererst den Vorteil sehr billig zu sein. Die damit erreichte Genauigkeit
reicht selbst für sehr gute Uhren aus.
3.3.2.1.2. Das
Harrison'sche Gitterpendel
Die erste erfolgreiche Methode, thermisch
bedingte Dehnungen der Pendelstange gesteuert (also nicht wie beim Holzpendel,
mehr oder weniger zufällig) auszuschliesen, war das Harrison'sche
Gitterpendel, erfunden von John
Harrison. Prinzipiell funktioniert dieses Verfahren folgendermassen:
Man nehme eine stählerne Pendelstange.
Am unteren Ende befindet sich keine Pendellinse, sondern ein Querträger
auf dem zu beiden Seiten und parallel zur Stahlstange zwei Messingstangen
(oft auch Zinkstangen, die einen noch höheren Wärmeausdehnungskoeffizienten
als Messing besitzen) sitzen. Der Wärmeausdehnungskoeffizient von
Stahl ist etwas geringer als der von Messing, so dass das obere Ende der
beiden Messingstangen bei einer Temperaturerhöhung etwas höher
liegt, als das Ende der Stahlstange. Am oberen Ende der Messinstangen ist
wieder ein Querträger befestigt (der allerdings lose auf der mittleren
Stahlstange sitzt). An diesem Querträger sind wieder zwei Stahlstangen
befestigt. Diese dehnen sich wieder etwas weniger als das Messing aus,
so dass bei sorgfältiger Abstimmung der Längen und Einfügen
evtl. weiterer Stangen sich insgesamt eine Nulldehnung am unteren Ende
der Stange ergibt.
Diese Vorrichtung funktioniert im Prinzip
sehr gut, erfordert aber eine sehr genaue Abstimmung der verschiedenen
Stangenlängen* .
Da die Kombination von parallel liegenden
Stahl- und Messingstangen sehr dekorativ aussieht, findet sich ein solches
Pendel recht häufig auch an einfachen Uhren. In diesem Fall handelt
es sich aber immer um eine Imitation dieses Systems, ohne jede Funktion.
3.3.2.1.3. Das
Quecksilberkompensationspendel
Am Ende einer stählernen Pendelstange
ist ein (in vielen Fällen auch zwei) Behälter aus Glas oder Metall
angebracht, in dem sich Quecksilber befindet. Dieser Behälter vertritt
die Funktion der Pendellinse. Quecksilber hat einen sehr grossen Ausdehnungskoeffizienten,
so dass die Längenänderung der Pendelstange durch Ausdehnung
des Quecksilbers kompensiert wird. Auch dieses System findet man relativ
häufig als Imitation * an Uhren,
z.B. an Französischen und Amerikanischen Pendulen.
3.3.2.1.4. Das
Invarpendel
Das Invarpendel ist eine Erfindung des 20.
Jhdts und wurde in den meisten Präzisionsuhren dieser Zeit verwendet.
Invar ist eine spezielle Eisen-Nickel Legierung, die einen extrem
geringen Temperaturausdehnungskoeffizienten besitzt. In diesem Fall
reicht ein sehr kurzes Ausgleichsstück, z.B. aus Messing aus, um eine
Kompensation zu erreichen.
Das Problem bei diesem an sich recht einfachen
und extrem genauen System ist das Material Invar. Es ist zwar nicht allzu
teuer, es neigt aber zu spontanen Dehnungen, die eine sehr aufwendige Vorbehandlung
des Materials erforderlich machen.
3.3.2.2. Störungen
beim Pendel
Ein anderer wesentlicher Fehler beim Pendel
ist die (im Gegensatz zum idealen Pendel vorhandene) Amplitudenabhängigkeit.
Grund dafür ist die Tatsache, dass die Wirkung der Schwerkraft nicht
linear von der Amplitude (Schwingungsbreite) des Pendels abhängig
ist, sondern es besteht ein Sinuszusammenhang. In der Herleitung der Bewegungsgleichung
wird davon ausgegangen, dass für kleine Winkel der Sinus eines Winkels
gleich dem Winkel ist. Bei der in Uhren geforderten Genauigkeit gilt diese
in der Mathematik und Physik oft verwendete Näherung aber nicht mehr.
Um diesen Fehler zu minimieren gibt es verschiedene Ansätze:
-
Möglichst gleichmässige Amplitude.
Ändert sich die Antriebskraft, und damit die Schwingungsamplitude
nicht, so ist der Amplitudenfehler vernachlässigbar. Diese Forderung
kann auf verschiedene Weisen erfüllt werden. Im einfachsten Fall wird
ein Gewichtsantrieb genutzt und das Räderwerk möglichst fehlerfrei
gebaut. Die nächste Verfeinerung wäre ein Zwischenantrieb, wie
er in Turmuhren viel verwendet wird. In diesem System zieht das Hauptantriebssystem
ein kleineres Antriebsystem (Gewicht), das näher am Hemmungsrad liegt,
in regelmässigen Zeitabständen auf. Dadurch werden Ungenauigkeiten
der Übertragungskette minimiert.
Das beste Verfahren zur Amplitudenstabilisierung
ist die Verwendung spezieller Hemmungen (Schwerkraft- und Federhemmung)
bei der die Antriebskraft in der Hemmung, also am letzten Punkt der Antriebskette
noch einmal stabilisiert wird. Diese Hemmungen sind allerdings sehr aufwendig.
-
Verringerung der Amplitude. Die Abweichung zwischen
einem Winkel und dem Sinus des Winkels wird umso geringer, je geringer
der Winkel ist. Deswegen wird bei Präzisionsuhren die Schwingungsamplitude
weitestmöglich verringert (bis unter 1 Grad). Dabei taucht allerdings
das Problem auf, das in diesem Fall eine sehr sorgfältig eingestellte
Hemmung vonnöten ist, ferner ist es schwieriger die Uhr störungsfrei
laufen zu lassen, da das Pendel sehr wenig überschüssige Energie
besitzt, die Störungen Überwinden helfen kann.
-
Zykloidische Aufhängung. Schon bei der
Erfindung des Pendels hat Huygens den Amplitudenfehler erkannt. Sein
Vorschlag zu dessen Behebung war die Zykloidische Aufhängung.
Dabei wird das Pendel an einem dünnen Band oder Faden aufgehängt.
Dieser Faden legt sich beim Schwingen des Pendels an eine speziell geformte
Kurve an, die die Pendellänge entsprechend den Erfordernissen korrigiert.
Dieser Gedanke ist zwar bestechend, allerdings
ist die exakte Formung einer solchen Kurve sehr schwierig. Das System wurde
nur selten (und noch seltener mit Erfolg) verwendet.
3.3.2.3. Pendelaufhängung
Dem Pendel muss es möglich sein, um
seine Drehachse zu schwingen. Die bewegliche Aufhängung, die diese
Schwingung ermöglicht, muss möglichst reibungsarm sein, stabil,
wegen des oft hohen Pendelgewichtes, und eine genaue Führung des Pendels
ermöglichen. Folgende Systeme werden im Allgemeinen verwendet:
3.3.2.3.1. Federaufhängung
Das am meisten verwendete System ist die
Aufhängung an einer Pendelfeder. Diese Pendelfeder besteht meistens
aus zwei parallel liegenden Blattfedern (Dicke typischerweise 1/10 mm).
Diese Aufhängung kann mit Erfolg bei allen Uhrenarten eingesetzt werden.
3.3.2.3.2. Drahtösenaufhängung
Bei diesem System befinden sich am Ende
der Pendelstange zwei Ösen. In der Uhr wird ein rechtwinklig gebogener
Draht (wie eine Tackerklammer) eingesetzt. Die beiden Ösen werden
über den Draht geführt, wobei ihr Durchmesser wesentlich grösser
ist als der Drahtdurchmesser. Dadurch wird erreicht, das die Welle
im Lager nicht gleitet (mit der damit verbundenen Reibung), sondern rollt.
Dieses System wird oft in Schwarzwalduhren angewandt.
3.3.2.3.3. Fadenaufhängung
Besonders bei älteren französischen
Stutzuhren und älteren Comtoise-Uhren (beide vor ca. 1850) findet
man die Fadenaufhängung. Bei diesem System ist das Pendel an einer
Fadenschlinge aufgehängt. Nachteil dieses Systems ist die Abnutzung
des Fadens, der gelegentlich ausgetauscht werden muss, und die Tatsache,
dass sich die Länge des Fadens in Abhängigkeit von der
Luftfeuchtigkeit stark ändert, was die Schwingungsfrequenz des Pendels
beeinflusst.
3.3.2.3.4. Schneidenaufhängung
Bei Präzisionsuhren wird oft die Messerschneidenaufhängung
verwendet. Dabei befindet sich am Pendel eine Art Schneide, meistens aus
Achat oder Stahl, die auf einer flachen oder leicht vertieften Pfanne abrollt.
Diese Lagerung erlaubt sehr geringe Reibung und hohe Pendelgewichte, ferner
eine einfache Einstellbarkeit des Pendeldrehpunktes (bei der Federaufhängung
ist der genaue Drehpunkt des Pendels nicht festgelegt). Allerdings ist
die Schneidenaufhängung auch sehr aufwendig, sehr empfindlich gegen
Bewegung der Uhr (kann nur bei fest montierten Uhren verwendet werden)
und einer gewissen Abnutzung unterworfen.
3.3.2.3.5. Zapfenlagerung
Eine weitere Möglichkeit ist es, das
Pendel wie eine gewöhnliche Achse auf Zapfen zu lagern. Dieses System
ist aber mit starker Reibung und Abnutzung verbunden, und wird allerhöchstens
bei ganz einfachen Uhren mit leichten Pendeln und grosser Pendelamplitude
verwendet.
3.3.2.4. Regulierung
des Pendels
Um die genaue Schwingfrequenz eines Pendels
einzustellen* , besitzt jede Uhr eine
Reguliervorrichtung, die es erlaubt den Schwerpunkt des Pendels relativ
zum Drehpunkt (und damit die effektive Pendellänge) zu verändern.
3.3.2.4.1. Reguliermutter
Bei den meisten Uhren wird zur Veränderung
der effektiven Pendellänge die Reguliermutter eingesetzt. Bei diesem
System ist am Ende der Pendelstange ein Gewinde angebracht. Auf diesem
Gewinde sitzt die Reguliermutter, auf der wiederum die Pendellinse aufliegt.
Durch Drehen der Mutter kann die Pendellänge eingestellt werden.
3.3.2.4.2. Brocotaufhängung
Bei vielen französischen Pendulen findet
man die Brocotaufhängung. Dieses System erlaubt eine Einstellung der
Schwingfrequenz von der Zifferblattseite der Uhr aus. Die Pendelfeder liegt
dabei zwischen zwei Messingbacken, die über ein Gewinde nach oben
und unten verstellt werden können. Damit verschiebt sich der Drehpunkt
des Pendels in der Pendelfeder und damit die Pendellänge. Der Antrieb
des Gewindes wird über ein Kronradgetriebe um 90 Grad umglelenkt und
kann von der Zifferblattseite aus mit Hilfe eines Vierkants und einem
Schlüssel bedient werden. Dieses System stammt von der Fadenaufhängung
ab, bei dem durch den Vierkant einfach der Faden ein Stück auf- oder
abgewickelt wurde. Bei allen Pendeln mit diesem System ist aber zur Grobeinstellung
ebenfalls eine Reguliermutter vorhanden.
3.3.2.4.3. Verschiebung
der Pendellinse
Bei einfachen Uhren (hauptsächlich
Schwarzwalduhren) wird die effektive Pendellänge direkt durch Verschieben
der Pendellinse, die mit Reibung auf der Pendelstange sitzt, eingestellt.
Dieses System erlaubt nur eine sehr ungenaue Einstellung der Länge.
3.3.2.4.4. Auflagegewichte
Bei Präzisionsuhren wird die Feinregulierung
meistens durch Auflagegewichte durchgeführt. Dabei werden auf einen
Teller am Pendel Gewichte aufgelegt oder weggenommen, was den Gesamtschwerpunkt
des Pendels verändert. Vorteil dieses Systems ist, das die Gewichte
leicht skaliert werden können (d.h. man kann die Gewichte so abstimmen,
dass eines z.B. genau eine Sekunde/Tag vorgehen bewirkt), ferner
muss das Pendel zum Regulieren nicht angehalten werden (Dies ist bei Präzisionsuhren
von Vorteil, da das Pendel mehrere Stunden bis Tage braucht, bis es Eingeschwungen
ist).
3.3.2.5. Pendellängen
Man kann Pendel nach ihrer Länge oder
Schwingdauer benennen. Oft erwähnt wird das:
-
Kurzpendel mit einer Länge von 10 - 30
cm, meistens verbunden mit einer Spindelhemmung und einer sehr grossen
Schwingungsamplitude. Andere Namen für diese Pendelart sind Vorderpendel*
(das Pendel schwingt vor dem Zifferblatt und ist ähnlich lang wie
das Zifferblatt), Kurzschwengel, Kuhschwanzpendel (wobei dieser Name nicht
verwendet werden sollte, da er wohl romantisierend aus dem Kurzschwengel
entstanden ist, und dem Benutzer vorwirft, nicht zu wissen, dass eine Kuh
mit ihrem Schwanz eher langsam und majestätisch als schnell
und hektisch wedelt).
-
Sekundenpendel. Dieses Pendel
mit einer Länge von knapp einem Meter macht in einer Sekunde genau
eine Halbschwingung. Dieses Pendel wird in den meisten Standuhren und Präzisionsuhren
verwendet. Besitzt das Hemmungsrad 30 Zähne, kann der Sekundenzeiger
auf der Hemmungsradwelle befestigt werden.
3.3.3.
Die Unruh
Der grosse Nachteil des Pendels ist die
Unmöglichkeit damit bewegliche (tragbare) Uhren zu bauen. Die Unruh
erlaubt dies. Die Unruh (oder genauer Unruh und Spiralfeder) ist ein Schwingsystem
bei dem die rotatorische kinetische Energie einer sich drehenden
Masse umgesetzt wird in die potientelle Energie einer Spiralfeder. Wenn
die Unruh genau ausgewuchtet ist, ist die Schwingfrequenz des Systems unhabhängig
von der Lage im Raum. Wenn die Spiralfeder genau dem Hookeschen Gesetz
folgt, ist das System auch von der Schwingungsweite unabhängig
(isochrones Schwingen).
Die Unruh ist ein Nachkomme der Waag. Wird
an der Waag eine Feder angebracht, die der Drehbewegung entgegenwirkt,
erhält man ein Schwingungsfähiges System. Erfunden wurde die
Spiralfeder an der Unruh um 1680, relativ gleichzeitig von Huygens und
Hooke.
Eingesetzt wird die Unruh bei allen Uhren,
die einer Bewegung ausgesetzt sind, d.h. Armband- und Taschenuhren, Schiffschronometern
und Schiffsuhren, Borduhren für Fahr- und Flugzeuge, technische
Laufwerke und bei Weckern (die stehen zwar normalerweise auf dem Nachttisch,
sie werden aber auch oft herumgetragen und bewegt), ferner wird die
Unruh bei den meisten Grossuhren ab den 60er Jahren eingesetzt. Hierbei
vermute ich, dass die Unruh eingesetzt wurde, da sie es erlaubt ein kompaktes
geschlossenes Uhrwerk herzustellen, das überall eingebaut werden kann
(Ein Pendel ist zwar im Prinzip einfacher herzustellen und damit billiger
als Unruh und Spiralfeder, man muss aber immer das Pendel getrennt
transportieren, verpacken, ein- und ausbauen, einstellen etc., so dass
es im industriellen Herstellungsprozess insgesamt wohl teurer ist.).
Das System Unruh und Spiralfeder besteht
aus vier Komponenten:
-
Die Unruhwelle, auf der sich die Unruh dreht,
-
Der Unruhreif, der die sich drehende Masse der
Unruh in sich vereint,
-
Die Spiralfeder, die die Gegenkraft zur Schwungkraft
des Unruhreifs liefert,
-
Hemmungsteile.
3.3.3.1. Unruhwelle
und Lagerung
Die Unruhwelle wird aus Stahl gedreht. Von
besonderer Bedeutung sind dabei die Zapfen, die bei der Unruh im wesentlichen
folgenden Anforderungen gerecht werden müssen:
-
Geringste Reibung
-
Lageunabhängigkeit der Reibung
-
Stabilität
Weit verbreitet sind nur drei Lagerungssysteme
für die Unruh:
-
Die Lagerung mit Trompetenzapfen
-
KörnerlaKörnerlagerung
-
Schwebeunruh
In nahezu allen Taschen- und Armbanduhren, ferner
in vielen besseren Grossuhren wird die Lagerung mit Trompetenzapfen in
Loch- und Decksteinen (T)
durchgeführt. Dabei wird die Achse radial in Lochsteinen, axial an
Decksteinen gelagert. Durch die Lagerung der Achse mit Decksteinen (oder
in einfacheren Uhren oft auch stählerne Deckplättchen) ergibt
sich neben der geringeren Reibung in axialer Richtung noch ein weiterer
Vorteil: Durch die axiale Lagerung an der Spitze der Welle ist die Schulter,
d.h. ein scharfkantiger Übergang vom Zapfen auf die Welle nicht nötig.
Dadurch kann der kleine Durchmesser des Zapfens kontinuierlich auf die
Welle übergeführt werden, was eine Trompetenform des Zapfens
bewirkt. Durch die Vermeidung des scharfen Überganges Welle-Zapfen
wird dort keine Kerbwirkung hervorgerufen, wass eine grössere
Stabilität des Zapfens ergibt. Er kann also noch dünner gestaltet
werden, was eine geringere Reibung auch in radialer Richtung ergibt.
Die dünnen Zapfen (Bei Armbanduhren liegt der Durchmesser unter einem
zehntel Millimeter) der Unruh sind sehr bruchgefährdet, da der
Unruhreif relativ schwer ist. Deswegen wird die Lagerung der Unruhwelle
in modernen Uhren (ab ca. 1930) immer stossgeschützt ausgeführt.
Es gibt verschiedene Stossicherungsysteme, bekannt ist z.B. Incabloc oder
Kif. Diese Stossicherungen funktionieren vereinfacht nach folgendem
Prinzip:
Loch- und Deckstein befinden sich gemeinsam
in einem etwa kegelförmigen Gehäuse, dass durch eine Feder in
ein passendes Loch in der Platine gedrückt wird. Wird die Unruh einem
starken Stoss ausgesetzt, kann die Welle mitsamt dem Lager entgegen der
Federkraft ausweichen. Der maximale Ausweichweg wird durch stärkere
Teile der Unruhwelle vorgegeben, die an eine entsprechende Stelle der Platine
anschlagen und den Stoss besser verkraften als die Unruhzapfen. Nach dem
Stoss wird das Lager durch die Feder wieder in die Grundstellung gedrückt
und die Uhr kann weiterlaufen.Erkennbar ist eine Stossicherung an einem
entsprechenden Aufdruck auf der Uhr (oft englisch 'shockproof') oder an
einer winzigen goldfarbenen Feder über dem Unruhdeckstein.
Die Stossicherung kann als Datierungshilfe
für Armbanduhren dienen, da sie sich um 1930 praktisch schlagartig
duchgesetzt hat. Taschenuhren wurden auch danach noch oft ohne Stossicherung
gebaut.
Die Körnerlagerung wird bei den meisten
Weckern und gelegentlich bei einfachen Taschen- und Armbanduhren (in den
30er-50er Jahren) eingesetzt. Die Unruhwelle ist dabei kegelförmig
angespitzt, die Lager besitzen kegelförmige Vertiefungen, mit etwas
grösserem Öffnungswinkel als die Kegel der Welle. Ein solches
Lager ist einfacher und billiger als die Lagerung mit Trompetenzapfen,
auch recht stabil, allerdings starker Abnutzung unterworfen. Deswegen wurde
es nur in einfachen Uhren eingebaut. Man erkennt es oft daran, dass
ein Unruhlager einen Schraubenkopf (Vierkant, Sechskant, Schlitz)
besitzt, mit dem das axiale Spiel des Lagers eingestellt werden kann.
Es wurde schon gesagt, dass Grossuhren der
50er und 60er Jahre oft eine Unruh besitzen, obwohl sie als stationäre
Uhren gedacht sind. In diesen Uhren findet man sehr häufig die Schwebeunruh.
Die Unruh dreht sich dabei nicht parallel zu den anderen Rädern der
Uhr sondern um eine senkrechte Achse.
Der Aufbau ist folgender: Die Unruh besitzt
anstatt der Unruhwelle ein dünnes Rohr. Durch dieses Rohr wird ein
dünner Stahldraht gezogen, um den die Unruh rotiert. Da dieser Draht
senkrecht steht, tritt praktisch keine radiale Reibung auf. Eine feste
axiale Lagerung ist nicht vorgesehen. Das Gewicht der Unruh wird von der
zylindrischen Spiralfeder aufgefangen, so dass auch keine Reibung in axialer
Richtung auftritt. Die Spiralfeder muss eine Doppelwendel sein, da andernfalls
sich bei jeder Schwingung der Unruh die gesamte Unruh nach oben oder unten
bewegen würde. Es gibt auch Systeme, bei denen das Unruhgewicht von
zwei gleichpoligen Magneten aufgefangen wird.
Dieses System hat gegenüber der gewöhnlichen
Unruhlagerung den Vorteil der geringeren Reibung, gegenüber dem Pendel
ist es weniger lageabhängig (Diese Lagerung verträgt eine Abweichung
von ca. 30 Grad gegenüber der senkrechten, während eine Pendeluhr
vollkommen senkrecht stehen muss).
3.3.3.2. Der Unruhreif
Der Unruhreif vereinigt den grössten
Teil der rotierenden Masse einer Unruh in sich. Es ist ein metallener Reif,
mit zwei bis vier Speichen, die die Verbindung mit der Unruhwelle ermöglichen.
Der wichtigste Punkt am Unruhreif ist die
Vermeidung von Unwucht. Eine nicht ausgewuchtete Unruh verusacht den sogenannten
Lagefehler, d.h. Abweichungen bei der Zeitmessung, abhängig
von der Lage der Uhr. Dieser Fehler tritt aber nur bei einer stehenden
Uhr auf (d.h. bei waagrecht liegender Unruhwelle), da bei einer Uhr die
auf dem Gehäuseboden oder dem Zifferblatt liegt, die Unwucht der Unruh
keine Rolle spielt.
Es gibt drei Methoden, die Unwucht zu verringern,
bzw. unwirksam zu machen:
-
Bei den meisten alten Uhren findet man die Unruh
mit Schrauben. Dabei werden in den Rand des Unruhreifs kleine Schrauben
eingesetzt und solange ausgetauscht und eingestellt, bis die Unruh
ausgewuchtet ist.
-
Bei den meisten modernen Uhren (ab ca. 1970)
findet man die schraubenlose Unruh. Bei dieser wird am Unruhreif
einfach Material weggebohrt, bis die Unruh ausgewuchtet ist. Dieses System
hat weniger Luftwiderstand als die Schrauben, ferner ist die Masse
konzentrierter (d.h. man kann bei gleichem Unruhaussendurchmesser ein höheres
Trägheitsmoment erreichen) und es ist natürlich billiger.
-
Eine ganz andere Methode zur Beseitigung des
durch Unwucht verursachten Fehlers verwendet das Tourbillon.
Es handelt sich dabei um ein Drehgestell, in dem sich Unruh, Spiralfeder
und Hemmungsmechanismus befinden. Dieses Gestell dreht sich i.A. einmal
pro Minute. Dabei werden alle Unwuchtfehler der Unruh gegenseitig ausgeglichen.
Dieses System wurde etwa 1800 von Abraham Louis Breguet erfunden.
Der Gedanke ist bestechend, allerdings ist dieses System extrem aufwendig,
und steht in keinem Verhältnis zum Nutzen*
.
Auch bei Unruhuhren ist der Störeinfluss
von Temperaturänderungen sehr gross. Eine Methode zur Kompensation
dieser Einflüsse ist die Verwendung eines Bimetallunruhreifes. Die
Funktion wird unter "Die Temperaturkompensation der Unruh (T)
" erklärt.
3.3.3.3. Die Spiralfeder
Die Spiralfeder einer Uhr mit Unruh ist
eine Drehfeder, d.h. ihre Hauptbewegungsrichtung ist rotatorisch. Aufgabe
der Spiralfeder ist es, gegen die Schwungkraft der Unruh zu wirken,
und damit einen Wechsel zwischen kinetischer Energie der Unruh und potientieller
Energie der Spiralfeder zu ermöglichen.
Es gibt von der Geometrie der Feder her
im wesentlichen drei Bauformen:
-
Die flache Spiralfeder
-
Die aufgebogene Spiralfeder (Breguetspirale)
-
Die zylindrische Feder
Der Werkstoff für Spiralfedern war früher
i.A. gebläuter * Stahl. Bei
einfachen Uhren (Wecker) wird oft auch eine Bronze- oder Messingspirale
verwendet. Die modernen hochwertigen Armbanduhren besitzen zur Temperaturkompensation
(T) Spiralen aus speziellen,
hochlegierten Metallen (Nivarox). Das Material wird zu flachen Bändern
gewalzt und zur Spirale gewickelt.
Die flache Feder ist die allgemein verwendete
Bauform. Ihr Vorteil ist der geringe Platzbedarf und die einfache Herstellung.
Der Nachteil dieser Federform ist, dass sich die Feder beim Schwingen nicht
gleichmässig ausdehnt. Dies bewirkt zum einen eine Schwerpunktverschiebung
der Spiralfeder, so dass sich wieder Lagenfehler ergeben können, zum
anderen wirken seitliche Kräfte auf die Unruhwelle, die zusätzlichen
Abnutzung der Welle verursachen können. Insbesondere schwingt eine
flache Unruh nicht isochron (T).
Diese Fehler können durch Einführung
der aufgebogenen oder Breguet-Spirale (nach ihrem Erfinder A. L. Breguet)
veringert werden. Dabei wird das äussere Ende der Spiralfeder (befestigt
im Spiralklötzchen) aus der Ebene der Spirale aufgebogen und in eine
festgelegte (und mathematisch bestimmbare) Form gebogen. Man bezeichnet
diese Formkorrektur der Spirale auch als äussere Endkurve.
Bei Marinechronometern und einigen sehr
hochwertigen Taschenuhren wird die Zylindrische Spirale verwendet. Die
Spirale hat die Form einer gewöhnlichen Feder in der Technik, allerdings
werden an beiden Enden Endkurven angebracht, die eine noch gleichmässigere
Entfaltung der Spirale zulassen. Nachteil dieser Form ist die grössere
Bauhöhe, die eine Verwendung in Armbanduhren nicht zulässt und
in Taschenuhren wesentlich erschwert, ein anderer Punkt ist, dass diese
Federform nicht mit einem Rücker (T)
reguliert werden kann.
Eine ähnliche Form ist die bifilare
Spiralfeder in Uhren mit Schwebeunruh. (T)
3.3.3.4. Hemmungsteile
Die Funktion der Hemmungsteile an der Unruh
wird unter Hemmungen erklärt.
3.3.3.5. Die Temperaturkompensation
der Unruh
Der Einfluss von Temperaturänderungen
bei Unruhuhren ist wesentlich komplizierter als bei Pendeluhren. Insgesamt
werden drei Grössen beeinflusst:
-
die Länge der Spiralfeder, damit auch ihre
Federeigenschaften,
-
der Durchmesser der Unruh, damit ihr Massenträgheitsmoment,
-
der Elastizitätsmodul der Spiralfeder.
Alle drei Punkte bewirken ein Nachgehen der
Uhr bei Erwärmung. Zum letzten Punkt ist zu sagen, dass es eine Eigenschaft
der meisten Materialien ist, bei Erwärmung nachgiebiger zu werden.
Dieser Einfluss ist so gering, dass er in der gewöhnlichen Technik
bei Temperaturen um die Raumtemperatur vernachlässigt werden kann.
Bei den Genauigkeiten, die von einer Uhr gefordert werden, ist dieser Einfluss
sehr wesentlich. Der durch die Temperaturabhängigkeit des Elastizitätsmoduls
verursachte Fehler liegt bei 30sec/Tag bei einem Grad Temperaturänderung.
Zur Beseitigung bzw. Verringerung des Temperaturfehlers
gibt es drei Methoden:
-
Beeinflussung der Spiralfederlänge,
-
Beeinflussung des Massenträgheitsmomentes
der Unruh,
-
Veränderung der Materialeigenschaften der
Spiralfeder.
Die zuerst genannte Methode wurde bei den ersten
Uhren mit Temperaturkompensation (um 1700) verwendet. Dabei wird der Rücker
(T) auf
einen Bimetallstreifen gesetzt, der die Länge der Spiralfeder beeinflusst.
Für Präzisionsuhren ist diese Methode weniger geeignet, da jede
Veränderung der Spiralfederlänge zu einer Beeinträchtigung
des Isochronismus (T) führt.
Ein anderer Weg ist die Beeinflussung des Massenträgheitsmomentes
der Unruh, durch Verwendung einer Bimetallunruh. Der Unruhreif besteht
aus zwei fest miteinander verbundenen konzentrischen Ringen, der innere
Ring ist aus Stahl, der äussere aus Messing. Der Unruhreif wird
ferner an zwei Stellen in der Nähe der Speichen aufgeschnitten. Wird
der Reif erwärmt, dehnt sich das Messing stärker aus als der
Stahl, so dass sich der aufgeschnittene Teil der Unruh nach innen krümmt,
und damit ein geringeres Massenträgheitsmoment, damit eine höhere
Schwingfrequenz ergibt, was die geringere Steifigkeit der Feder wieder
ausgleicht. Nachteil an diesem System ist erstens, dass eine korrekte Justage
des gesamten Systems sehr aufwendig ist. Zweitens ist der aufgeschnittene
Unruhreif relativ instabil und kann sich mit der Zeit verformen, was in
hohem Masse die Zeitmessung beeinflusst. Drittens beseitigt diese Massnahme
nicht den sogenannten sekundären Fehler. d.h wenn die Uhr bei 0 Grad
und 20 Grad Temperaturkompensiert ist, ist sie dies noch lange nicht bei
15 Grad.
Seit den dreissiger Jahren des 20. Jhdts.
wird i. A. die Nivarox-Spirale verwendet (Natürlich nur, wenn die
Uhr temperaturkompensiert ist). Dieses spezielle, nickelhaltige Material
weisst eine sehr geringe Änderung des Elastizitätsmoduls in Abhängigkeit
von der Temperatur auf, ferner lässt sich diese Abhängigkeit
so regulieren, dass die Fehler, die durch Ausdehnung der Unruh entstehen,
mitkompensiert werden. Da dieses Mittel recht einfach und relativ preiswert
ist, hat es sich mittlerweile fast vollständig durchgesetzt.
3.3.3.6. Die Regulierung
der Unruh
Bei der Regulierung *
der Frequenz einer Unruh gibt es zwei Möglichkeiten:
-
Änderung der Spiralfederlänge,
-
Änderung des Massenträgheitsmomentes
der Unruh.
Die erste Möglichkeit findet sich beim
allergrössten Teil der Unruhuhren. Die Länge der Spiralfeder
wird mit Hilfe des sogenannten Rückerseingestellt.
Der Rücker ist eine Art winziger zweizinkiger Gabel, zwischen deren
Zinken die Spiralfeder liegt. Diese Gabel ist auf einem Arm befestigt,
der konzentrisch zur Unruhachse drehbar befestigt ist. Durch Drehen dieses
Armes wird die wirksame Länge der Spiralfeder verändert, damit
die Schwingungsfrequenz der Unruh. An besseren Uhren findet man oft
eine Feinstellung, die eine genaue Einstellung des Rückers ermöglicht.
Hier gibt es z.B. die Schwanenhalsregulierung, bei der der Rücker
mit Hilfe einer feinen Schraube eingestellt wird. Diese Schraube drückt
auf die eine Seite des Rückers, auf der anderen Seite drückt
eine Feder (die rings um den Rücker in Form eines Schwanenhalses
liegt) dagegen, um das Spiel in dieser Anordnung zu beseitigen. Eine andere
Bauform ist die Exzenterregulierung, bei der der Rücker durch eine
leicht exzentrische Scheibe verstellt wird, bei Grossuhren wird auch häufig
ein Zahnrad auf dem Rücker befestigt, dass von einem kleinen Ritzel
betätigt wird.
Bei Präzisionsuhren (Schiffschronometer,
einige Taschen- und Armbanduhren) wird die Regulierung der Frequenz durch
Veränderung der Massenträgheit der Unruh eingestellt, da eine
Veränderung der Spiralfederlänge den Isochronismus der
Feder beeinträchtigt. Dazu befinden sich zwei Schrauben im Unruhreif,
die zum Schnellerstellen der Uhr hineingedreht werden (und umgekehrt).
Nachteil dieser Anordnung ist, dass die Uhr zum Regulieren jedesmal angehalten
werden muss, dass man dabei an der empfindlichen Unruh herumschrauben
muss, und dass die Unruh bei jeder Regulierung wieder ausgewuchtet
werden muss.
Eine ähnliche Technik verwenden die
Uhren mit Schwebeunruh (T) , die wegen
der zylindrischen Spiralfeder ebenfalls keine Regulierung der Federlänge
zulassen. Die Veränderung des Massenträgheitsmoments wird allerdings
nicht durch Schrauben durchgeführt. Der Unruhreif besitzt zwei Speichen,
wodurch der Reif in zwei Hälften unterteilt wird. Jede Hälfte
wird am Innenrand so ausgefräst, dass der Innenradius des Reifes von
der einen zur anderen Speiche immer grösser wird. In diesen Unrufreif
wird eine Scheibe federnd eingesetzt, auf der zwei Gewichte sitzen, die
an den veränderlichen Innenradius angepresst werden. Wird diese Scheibe
verdreht, vedrehen sich beide Gewichte gleichförmig, so dass die Unruh
nicht unwuchtig wird. Allerdings verändern die Gewichte ihren Radius
zur Drehachse, so dass eine Regulierung der Unruh möglich ist. Häufig
ist der Drehwinkel skaliert, d.h. es wird angegeben, dass der Gang der
Uhr sich um soundsoviel sec./Tag bei Bewegung um einen Teilstrich der Skala
ändert.
3.3.4.
Das Torsionspendel
Bei den sogenannten Jahresuhren (400-Tagesuhren)
und bei der Atmos (T) findet man
das Torsionspendel. Jahresuhren laufen mit einem Aufzug ca. 400 Tage, die
Atmos wird von Temperaturschwankungen angetrieben. Beiden Uhren ist gemeinsam,
dass die zum Antrieb zur Verfügung stehende Energie extrem gering
ist. Um bei einer Uhr Energie zu sparen, gibt es zwei Möglichkeiten:
Man kann die Reibung im Uhrwerk weitestmöglichst verringern und man
kann die Schwingungsfrequenz des Pendels verringern, da die Energie sprungweise
bei jedem Fortschreiten des Uhrwerks verbraucht wird. Schwingt das Pendel
nur einmal in der Minute anstatt einmal in der Sekunde läuft die Uhr
60mal so lang. Beide Möglichkeiten bietet das Torsionspendel. Es besteht
aus einem rotierenden Gewicht das an einem flachen Metallband aufgehängt
ist. Durch diese Aufhängung tritt nur die sehr geringe Reibung im
Material des Bandes (dieses entspricht der Spiralfeder bei Unruhuhren)
und die Luftreibung auf. Das Gewicht rotiert, wobei das Metallband
tordiert wird und eine Gegenkraft zur Drehung des Gewichtes bietet. Da
diese Gegenkraft sehr klein gemacht werden kann, ergeben sich bei Jahresuhren
Zeiten von einigen Sekunden, bei der Atmos braucht das Pendel eine Minute
für eine Halbschwingung. Auch bei diesem System kann die Frequenz
nur über eine Veränderung des Massenträgheitsmoments
der drehenden Masse eingestellt werden. Bei den neueren Jahresuhren besteht
die Masse i.A. aus vier Kugeln, die über einen Mechanismus weiter
oder enger zusammengestellt werden. Bei der Atmos und älteren Jahresuhren
besteht die Masse aus einer flachen Scheibe auf der zwei Reguliergewichte
sitzen, die über eine Gewindestange nach innen oder aussen gestellt
werden. Torsionspendel haben den Nachteil einer recht geringen Ganggenauigkeit.
3.3.5. Das Rotationspendel
Lässt man ein gewöhnliches Pendel
nicht auf einer Ebene hinundherschwingen, sondern mit der Spitze des Pendels
eine elliptische Bahn beschreiben (so dass sich das Pendel auf einem Kegel
bewegt, dessen Spitze die Pendelaufhängung bildet, die Basis die sich
bewegende Pendelspitze) erhält man ein Rotationspendel. Die Spitze
des Pendels greift in einen Arm der sich um eine Achse drehen kann. An
dieser Achse ist ein Trieb befestigt, der in das Räderwerk der Uhr
eingreift. Die Umlaufgeschwindigkeit dieser Achse wird von dem Pendel
reguliert, ebenso wird das Pendel von dem Arm angetrieben. Man erspart
sich dabei den Hemmungsmechanismus und die Uhr läuft lautlos, allerdings
ist die Ganggenauigkeit nicht sehr gut. Solche Uhren wurden nur als Einzelstücke
gebaut.
4. Hemmungen
der mechanischen Uhren
Die Hemmung gehört zwar eigentlich
mit zum Kapitel "Zeitmessysteme", wegen ihrer grossen Bedeutung für
die Zeitmesstechnik wird ihr hier ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Erfindung
der mechanischen Hemmung ist identisch mit der Erfindung der mechanischen
Uhr, da alle anderen Elemente wie Gewichtsantrieb und Räderwerk vorher
schon bekannt waren. Der genaue Zeitpunkt dieser Erfindung ist unbekannt,
wird aber etwa im 12. Jhdt in Italien vermutet. Erste genauere Hinweise
tauchen im 13. Jhdt auf, vom 14. Jhdt. sind noch einzelne Uhren erhalten.
4.1. Grundsätzliche
Funktion der Hemmung
Im Kapitel 3.1.
Schwinger wurde gezeigt, dass das wesentliche Element einer Uhr
ein schwingungsfähiges System (z.B. ein Pendel) ist, dessen
Schwingungsfrequenz zumindestens in erster Näherung von der Amplitude
unabhängig ist. Nun kann man einen solchen Schwinger nicht einfach
in der Hand halten, seine Schwingung anregen, und seine Schwingungen zählen
* . Aufgabe der Hemmung ist es, diese
beiden Funktionen, also den Antrieb des Schwingers und das Zählen
der Schwingungen zu erfüllen.
Diese Funktionen werden bei den meisten
konventionellen mechanischen Uhren auf folgende Weise erfüllt:
Das letzte Zahnrad des Uhrwerks ist das
Hemmungsrad, dass keine einfache Zykloidenverzahnung wie die sonstigen
Zahnräder besitzt, sondern eine von der Hemmungsart abhängige
Form. Mit dem Pendel oder Unruh ist in irgendeiner Form ein Anker verbunden,
der zwei Zähne (i.A. Paletten genannt) besitzt, die in das Hemmungsrad
eingreifen können. Dabei greift bei einem Umkehrpunkt der Schwingung
die eine Palette des Ankers in das Zahnrad ein, beim anderen Umkehrpunkt
die andere Palette. Die Funktion des Zählens ist damit schon erfüllt:
Nehmen wir an, ein Sekundenpendel befinde sich an seinem linken Umkehrpunkt.
Eine Palette des Ankers greift in das Hemmungsrad ein, welches damit blockiert
ist. Schwingt das Pendel zur anderen Seite, gibt es einen kurzen Moment,
in dem die erste Palette das Rad freigibt, die andere aber noch nicht eingreift.
Das Hemmungsrad kann sich um einen Zahn weiterbewegen. Besitzt das
Hemmungsrad 30 Zähne, wird es sich in einer Minute einmal umdrehen,
so dass der Sekundenzeiger auf dem Rad befestigt werden kann. So
weit, so gut, allerdings wird das Pendel nach einigen Schwingungen durch
Reibung an der Luft, den Hemmungsteilen etc. seinen Schwung verloren haben
und stehenbleiben. Es fehlt also noch der Antrieb.
Dazu befindet sich an den Hemmungsradzähnen
oder an den Paletten (oder an beiden) eine schiefe Ebene. Nehmen wir den
einfachsten Fall eines sehr spitzen Hemmungsradzahnes und einer etwa rechteckigen
Palette, die etwa parallel zu den Zähnen steht. Während der Bewegung
des Pendels vom ersten Umkehrpunkt zur Mittelstellung bewegt sich die eine
Seite der Palette entlang der Seite des Zahnes nach oben. Ist die Unterkante
der Palette erreicht, wird der Zahn freigegeben. Liegt diese Unterkante
nicht tangential zur Bahn der Zahnspitze, sondern in einer passend gewählten
schiefen Ebene dazu, wird, während sich der Zahn weiterdrehen kann,
die Palette vom Zahn ein wenig nach oben gedrückt. Diese Kraft wird
zum Antrieb des Pendels (bzw. der Unruh) genutzt. Das Pendel wird also
bei jeder Halbschwingung gleichzeitig auch angetrieben.
Bei den Präzisionspendeluhren, wie
sie Ende des 19. Jhdts und Anfang des 20. entwickelt wurden, gab es auch
Verfahren, bei denen Antrieb und Zählung getrennt wurden. Dabei handelt
es sich allerdings immer um elektromechnische Uhren. So wird z.B. bei der
Hipp-Uhr das
Pendel immer nur dann angetrieben, wenn es in einem bestimmten Mass an
Energie (und damit Amplitude) verloren hat. Bei anderen Uhren wurde
das Pendel durch einen Elektromagneten angetrieben und die Schwingungen
mit Hilfe einer Lichtschranke gezählt.
Einige Begriffe bei der Hemmung:
Das Pendel und Unruh beschreiben einen Kreisbogen,
damit ebenso die Paletten. Dieser Bogen von einem Umkehrpunkt zum anderen
wird in einige Bereiche unterteilt:
-
Der Ergänzunsbogen ist der Teil der Bewegung,
bei dem die Palette nur auf dem Hemmungsradzahn reibt und diesen
sperrt. Da hierbei Reibung entsteht, ist dieser Bereich möglichst
klein zu halten.
-
Der Teilbogen in dem der Antrieb erfolgt wird
Hebung genannt.
-
Der Teilbogen, in dem das Hemmungsrad sich freibewegen
kann (bis es von der zweiten Palette gesperrt wird) wird der Fall genannt.
Auch dieser Bereich ist möglichst klein zu halten.
Des weiteren unterscheidet man folgende Hemmungsarten:
-
Bei der rückführenden Hemmung wird
das Hemmungsrad während des Ergänzungsbogen in geringem Masse
zurückgedreht. Bei der Ruhereibenden Hemmung bleibt das Hemmungsrad
in Ruhe. Letzteres ist i. A. vorzuziehen, da die Rückwärtsbewegung
Reibung und Störungen in der Bewegung des Pendels verursacht. Es gibt
allerdings auch Fälle, bei denen diese Effekte zur Kompensation anderer
Störeinflüsse verwendet werden können.
-
Man unterscheidet ferner zwischen freien und
unfreien Hemmungen. Bei einer freien Hemmung wird der Ergänzungsbogen
dadurch klein gehalten, dass es in diesem Bereich keinen oder wenig Kontakt
zwischen Schwinger und Hemmung gibt. Bei der unfreien Hemmung befindet
sich Schwinger und Hemmung permanent im Eingriff. Diese Hemmungen sind
i.A. einfacher zu bauen, bringen aber mehr Störungen von der Hemmung
auf den Schwinger.
4.2. Hemmungen bei Kleinuhren
4.2.1. Unfreie Hemmungen bei Kleinuhren
Unfreie Hemmungen haben wie oben erwähnt
die Eigenschaft, dass Unruh und Hemmungsrad permanent miteinander
im Engriff stehen. Das hat nachteilig höhere Reibung und mehr Verschleiss
zu Folge, kann aber bei einfachen Uhren auch dazu führen, das das
Vorgehen bei voll aufgezogener Uhr durch erhöhte Reibung der Unruh
kompensiert wird. Es gibt fast unendlich viele Hemmungssysteme, weswegen
hier nur die vorgestellt werden sollen, denen man in der Praxis häufiger
begegnet.
Der heutige Uhrensammler wird bei den unfreien
Hemmungen wahrscheinlich zuerst der Zylinderhemmung begegnen. Diese Hemmung
wurde xxxx von Thomas Tompion erfunden und ist im Prinzip eine Abwandlung
der Grahamhemmung der Grossuhren. Die Zylinderhemmung war zuerst
eine genauere Alternative zur älteren Spindelhemmung, entwickelte
sich aber Mitte des 19.Jhdts zur bevorzugten Hemmung bei billigen
Taschenuhren, bis sie um 1910 von der Stiftankerhemmung abgeloest wurde.
Die älteste Hemmung, bei Gross- wie
Kleinuhren über Jahrhunderte hinweg eingesetzt, ist die Spindelhemmung.
Dieses System wurde etwa im 13. Jhdt erfunden und bis Mitte des 19. Jhdts
eingesetzt. Die Spindelhemmung ist zwar unfrei und im Gegensatz zur Zylinderhemmung
rückführend, sie bietet allerdings auch einige Vorteile:
-
sie ist einfach anzufertigen,
-
sie funktioniert ohne Öl*
,
-
sie funktioniert auch bei relativ schlechter
Ausführung noch gut,
Ein weiterer grosser Nachteil der Spindelhemmung
ist, dass sie ein Kronrad benötigt, da das Hemmungsrad senkrecht zur
Unruhachse und damit auch zu allen anderen Achsen des Räderwerks steht.
Das Kronrad erlaubt eine solche Umlenkung der Kraft um 90 Grad.
Weitere in relativ grossen Mengen hergestellte
unfreie Hemmungen bei Kleinuhren sind noch die Duplexhemmung und
die Kommahemmung.
4.2.2. Freie Hemmungen
bei Kleinuhren
Die meisten freien Hemmungen bei Kleinuhren
funktionieren durch Einführung eines Zwischengliedes, des sogenannten
Ankers (Name aufgrund der Form). Bei einer Ankerhemmung sind die Palleten
am Anker befestigt, die Unruh wird durch eine am langen Hebel des Ankers
angebrachte Gabel, die in einen Stift an der Unruh eingreift, angetrieben.
Diese Gabel und der Stift (oft Ellipse genannt) befindet sich nur in einem
kleinen Teilbogen der Schwingung in Eingriff, den grössten Teil des
Schwingungsbogens kann die Unruh frei schwingen. Man unterscheidet im wesentlichen
folgende Typen von Ankerhemmungen:
-
Schweizer Kolbenzahnhemmung,
-
Englische Spitzzahnhemmung,
-
Stiftankerhemmung.
In den allermeisten Armbanduhren ist die Schweizer
Kolbenzahnhemmung eingebaut, in einigen wenigen sehr billigen Uhren die
Stiftankerhemmung. Eine sehr ähnliche Form ist die Glashütte-Hemmung.
In den englischen Taschenuhren des 19. Jhdts ist die Englische Spitzzahnhemmung
eingbaut.
Die einzige freie Hemmung, die ohne Anker
auskommt, ist die Chronometerhemmung. Diese wurde gelegentlich in Taschenuhren
eingebaut, führt dort aber zu kaum besseren Ergebnissen als die Ankerhemmungen.
Ihre eigentliche Heimat ist die Grossuhr (speziell der Schiffschronometer),
wo sie dann auch genauer beschrieben wird.
4.3. Hemmungen bei Grossuhren
Bei Grossuhren mit Unruhhemmung gibt es
gelegentlich Überschneidungen mit den Hemmungen der Kleinuhren. Die
meisten einfachen Wecker besitzen eine Stiftankerhemmung, auch die Spendelhemmung
wurde bei Grossuhren viel verwendet.
4.3.1. Hemmungen bei Grossuhren mit Unruh
Die meisten Grossuhren mit Unruh besitzen
Hemmungen, die von den Kleinuhr-Hemmungen abgeleitet sind. So besitzen
die meisten Wecker eine Stiftankerhemmung, ebenso die Uhren mit Schwebeunruh.
Viele kleine Zieruhren zum Aufstellen auf dem Schreibtisch besitzen
Taschenuhrwerke mit Schweizer Kolbenzahnhemmung, ebenso wird in Fahrzeuguhren
in Autos und Flugzeugen und bei Schiffsuhren (nicht Schiffschronometer)
die Schweizer Kolbenzahnhemmung verwendet.
Eine Ausnahme stellen die Schiffschronometer
dar, die im allgemeinen mit einer Chronometerhemmung versehen sind.
Bei der Chronometerhemmung erfolgt der Antrieb
der Unruh ohne ein Zwischenglied wie bei der Ankerhemmung, d.h. das
Hemmungsrad drückt während der Hebung direkt auf einen Stift
an der Unruh. Durch einige weitere Hebel und Federn wird das Hemmungsrad
während des Ergänzungsbogens blockiert.
Die Chronometerhemmung besitzt verschiedene
Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist im wesentlichen die geringe Reibung,
die weitestmögliche Freiheit der Unruhbewegung und die Tatsache, dass
die Hemmung ohne Öl* funktioniert.
Nachteilig ist der komplizierte und schwierige
Aufbau der Hemmung, ferner ist die Hemmung nicht selbstanlaufend
und kann leicht stehen bleiben, so dass sie für Uhren die viel bewegt
werden (wie Taschenuhren) kaum geeignet ist.
4.3.2. Unfreie Hemmungen bei Pendeluhren
Die allermeisten Hemmungen bei Pendeluhren
sind unfreie Hemmungen. Es gibt eine sehr grosse Anzahl von Hemmungen für
Pendeluhren, so dass hier eine weitere Unterscheidung nötig ist. Als
erstes Kriterium wird zwischen
-
rückführender Hemmung und
-
ruhereibender Hemmung
unterschieden. Bei der rückführenden
Hemmung wird das Hemmungsrad während des Ergänzungsbogen
in geringem Masse zurückgedreht. Bei der Ruhereibenden Hemmung
bleibt das Hemmungsrad in Ruhe.
Unter den rückführenden Hemmungen
gibt es zuersteinmal die schon erwähnte Spindelhemmung, die
älteste Form der Hemmung die bis zur Erfindung der Ankerhemmungen
bei allen Uhren eingesetzt wurde. Die Spindelhemmung wurde allerdings
auch nach Einführung der Ankerhemmungen verwendet, speziell in
Uhren mit kurzem Pendel (häufig in den sogenannten Stutzuhren). Bis
zur Mitte des 19. Jhdts wurde die Spindelhemmung in den Comtoise-Uhren
in Verbindung mit einem langen Pendel. Hier spielte wohl nur der Unwillen
zur Änderung der gewohnten Arbeitsweise eine Rolle.
Vorläufiges Ende dieser
Schrift!
Anmerkungen
* Beim Antrieb mit Schnecke
und Kette wird die abnehmende Kraft der Feder auf folgende Weise ausgeglichen:
Das Antriebszahnrad sitzt nicht auf dem Federhaus, sondern auf der sogenannten
Schnecke. Diese ist ein etwa kegelförmiges Bauteil, wobei in den Kegel
spiralförmig eine Nut eingedreht wurde (wie ein Weg der immer rund
um einen kegelförmigen Berg auf die Spitze führt). In diese Nut
wird die Kette eingelegt (die Kette ist wie eine Fahrradkette gebaut) und
um den Kegel gewickelt. Das eine Ende der Kette ist am "Fuss des Berges"
eingehängt, das andere am glatten (ohne Zahnrad) Federhaus. Wird die
Uhr an der Welle der Schnecke aufgezogen, legt sich die Kette um die Schnecke,
bis sie am "Gipfel" angelangt ist. Der Sinn ist folgender: An der Spitze
der Schnecke ist der Radius der Schnecke relativ klein, allerdings die
Kraft der vollaufgezogenen Feder gross. Ist die Uhr ganz abgelaufen, ist
der Radius der Schnecke gross, die Kraft der Feder klein. Da der
Radius der Schnecke als Hebel für die Kraft der Feder wirkt, ist das
Drehmoment an der Schneckenwelle (ideale Abstimmung der Schnecke auf die
Feder vorrausgesetzt) konstant.
Das System braucht zwei Hilfsmechanismen,
um vernünftig zu funktionieren. Das erste ist eine Stellung, die den
Aufzug der Uhr blockiert, wenn sie ganz aufgezogen ist. Anderfalls könnte
die Kette leicht reissen. Dies wird durch einen Hebel bewerkstelligt, der
von der Kette selbst betätigt wird. Ist die Kette an der Spitze der
Schnecke angekommen, wird der Hebel von der Kette leicht nach oben gedrückt,
wodurch dieser Hebel in eine Stoppscheibe an der Schneckenwelle eingreift,
und die Welle blockiert. Zum zweiten braucht eine Uhr mit Schnecke und
Kette ein Gegengesperr, das den Antrieb während des Aufzugs aufrechterhält.
Schnecke und Kette sind wegen der stark verbesserten Federmaterialien und
Formen ausgestorben. Es war ein sehr kompliziertes System, das ausserdem
nur Sinn macht, wenn die Form der Schnecke und der Kraftverlauf der Feder
sehr sorgfältig aufeinander abgestimmt sind.
* Kugellager werden relativ
häufig bei der Lagerung des Gewichts für den automatischen Aufzug
verwendet, ferner gab es eine Armbanduhr (Name?) bei der alle Lager einseitig
in Kugellagern gelagert waren, um eine extrem flache Bauweise zu ermöglichen.
* Die Anzahl der Steine
gilt oft als Qualitätsmerkmal. Deswegen wurden gelegentlich
in Armbanduhren mehr oder weniger sinnlose Steine eingebaut um z.B.
eine Aufschrift '21 Jewels' zu ermöglichen. Bei Taschenuhren sind
15 Steine absolut genug, bei Armbanduhren eigentlich auch, aber auch 17
Steine sind noch sinnvoll (und heutzutage Standard). Bei automatischen
Uhren werden bei der Standardkonstruktion 21 Steine verwendet, bei
Sonderkonstruktionen (z.B. Kugellager) können es auch mehr sein.
Ich besitze eine relativ einfache Armbanduhr
der Firma 'Kasper', die auf vier Achsen einseitig Decksteine besitzt. Diese
Steine besitzen keine praktische Funktion, erlauben aber 21 anstatt 17
Steine.
* Bei sehr alten Uhren
(vor dem 18 Jhdt.) waren die Zähne i. A. handgefeilt, bzw. von
einem Zahnstuhl vorgeschnitten und die endgültige Form gefeilt.
Diese Zähne haben natürlich keine strenge geometrische Form.
* Kerzenuhr: die Zeit wird
durch das gleichmässige Abrennen einer (oft skalierten) Kerze
gemessen (in ähnlicher Form für beliebige Verbrennungsvorgänge
als Feueruhr bezeichnet).
Wasseruhr (Klepsydra): die Zeit wird durch
Aus- oder Einlaufen von Wasser in ein Gefäss bestimmt.
In eine ähnliche Richtung gehen Sanduhren.
Diese Uhren wurden allerdings nicht in der Antike entwickelt, wie oft geglaubt
wird (siehe z.B. 'Asterix bei den Schweizern'), sondern parallel zu den
mechanischen Uhren, etwa im 15 Jhdt.
* Der Temperaturausdehnungskoeffizient
(i.A. mit dem griechischen Buchstaben alpha bezeichnet) beschreibt die
Längendehnung eines Materials pro Grad Kelvin. Für Stahl ist
alpha ca. 10 * 10-6, d.h. ein Stab von einem Meter Länge, der um 100
Grad erwärmt wird, dehnt sich um etwa einen Millimeter aus.
* Ein solches System einzusetzen
würde sich bei einer geforderten Genauigkeiten von etwa einer
Sekunde pro Monat lohnen. Das bedeutet, dass alle Längen auf eine
Genauigkeit von etwa 4 * 10-7 einzustellen sind!
* Imitation bedeutet in
diesem Fall, dass die Quecksilberbehälter zwar vorhanden sind, die
gesamte Anordnung ist aber nicht aufeinander eingestellt, so dass keine
nennenswerte Temperaturkompensation erreicht wird.
* Der Begriff ist hier
nicht ganz eindeutig. Vorderpendel bezieht sich auch auf alle Pendel
die vor dem Uhrwerk schwingen. Besonders bei den Comtoise-Uhren nach ca.
1820 findet man ausschliesslich Pendel, die vor dem Uhrwerk, aber hinter
dem Zifferblatt schwingen. Dies sind aber immer lange Pendel.
* Armbanduhren mit Tourbillon
kosten um die 100.000 DM, weisen aber in keinster Weise bessere Gangleistungen
als andere Uhren auf. Bis vor wenigen Jahren gab es nur ca. 700 Uhren mit
Tourbillon, durch den Trend zu mechanischen Superluxusuhren seit den 80er
Jahren werden diese nun von verschiedenen Uhrenmarken in Serie (meistens
wohl 10-50 Stück) hergestellt, wodurch sich Ihre Anzahl stark erhöht
hat. Der Preis ist geblieben.
* Stahl wird zur Verwendung
in Uhren im allgemeinen einer Wärmebehandlung unterzogen. Dabei wird
der härtbare Kohlenstoffstahl geglüht und abgeschreckt. Dies
führt zu einer (unbrauchbar) hohen Härte des Bauteils. Durch
Anlassen kann der Stahl in seiner Härte dem Einsatzweck angepasst
werden. Beim Anlassen wird der Stahl auf Temperaturen zwischen 200 und
400 Grad Celsius aufgeheizt und anschliessend abgekühlt. Die Temperatur
und damit der Härtegrad des Stahls wird durch die Anlassfarben bestimmt.
Bei blauen Stahl wird bei eben dieser Temperatur, bei der der Stahl blau
anläufft, der Erhitzungsvorgang abgebrochen. Da diese blaue Farbe
auf einer polierten Oberfläche sehr dekorativ aussieht und ferner
einen gewissen Schutz vor Korrosion bietet, wird das Verfahren
oft zur Oberflächenbehandlung eingesetzt (Schrauben, Zeiger).
* Bei vielen Uhren ist
die Einstellung der Schwingungsfrequenz am Uhrwerk oder am Pendel gekennzeichnet.
Dabei werden folgende Markierungen verwendet:
-
A und R bzw. Avant und Retard, wobei Avant ein
Schnellergehen der Uhr bezeichnet,
-
F und S bzw. Fast und Slow, wobei Fast ein Schnellergehen
der Uhr bezeichnet,
-
+ und -, wobei + ein Schnellergehen der Uhr
bezeichnet.
Deutsche Ausdrücke wie schnell und langsam
wurden meines Wissens nur sehr selten verwendet.
* Kann man schon! Anscheinend
wurde von Galilei vorgeschlagen den Puls mit Hilfe eines einfachen Fadenpendels
zu messen, das vom Arzt frei in der Hand gehalten wird. Inwieweit dies
in der Praxis angwendet wurde, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
* Die Funktionfähigkeit
einer Hemmung ohne Öl ist nicht vorteilhaft, weil man ein wenig Öl
sparen kann, sondern von höchster Bedeutung für die Langzeitganggenauigkeit
einer Uhr. Da das Öl mit der Zeit eindickt und seine Viskosität
verändert, beeinflusst Öl in der Hemmung auch in hohem Masse
den Gang der Uhr. Durch bessere Ölsorten lässt sich dieser Effekt
verringern, aber am einfachsten wird er durch Weglassen des Öls erreicht.
Aus diesem Grunde hatten auch Harrisons Seechronometer teilweise Spindelhemmung.
Erstellt im März 1998 Universität
Karlsruhe